Von Finse bis nach Tyinkrysset

Seit fast einer Woche habe ich Finse hinter mir. Erstaunlich wieviel von diesem komischen, weißen Zeug da noch in der Landschaft herum liegen kann. Der absolute Wahnsinn. Bis man da selbst wahnsinnig wird, ist nur eine Frage der Zeit. Wieviel Schnee soll ich denn noch durchqueren? Wieviel? Massenweise „Rest“schnee bedeckt die eigentlich so wunderbaren Wanderwege und Markierungen.

Ich stapfe durch den angetauten Schnee, meine Füße spüre ich kaum, denn die sind schon seit einiger Zeit taub vor Kälte. So, wie in den vielen vergangenen Tage zuvor. Bin ich während meiner Wanderzeit überhaupt schon mal mit warmen Zehen umhergewandert? Ich weiß es nicht. Mir fehlen die Erinnerungen an den Frühling, an die Schönheit des Landes, die mich doch in den letzten Jahren so sehr in ihren Bann gezogen hat. Klar, Schnee kann auch hübsch sein, aber so hatte ich mir diese Wanderung von Süd nach Nord ganz sicher nicht vorgestellt. Wo doch dieser Weg durch Norwegen ein so unbeschreiblich großes und beeindruckendes Erlebnis werden sollte. Irgendwie wars das ja auch von Anfang an, auch mit dem Schnee. Aber jetzt ist wirklich für allemal gut! Schluss damit!

Leider war nicht Schluss damit. Ab Finse gings nochmal so richtig los. Richtig viel Schnee. Mit Nebel, Regen und schlechter Sicht. „Whiteout“. Die nächste Wegmarkierung war oft kaum, bis garnicht zu erkennen. Da hieß es für mich einfach nur weitergehen. Weiter, weiter, weiter. Und wenns kein Spaß mehr macht (wie solls das auch? ☺️) dann gehe ich einfach noch mehr weiter. Und wenn ich nichts sehe, weil alles weiß ist? Dann gehe ich auch wieder weiter. Denn was hilft es stehen zu bleiben und abzuwarten oder zu jammern? Nichts! Da hab ich ja später oder morgen den gleichen Mist wieder!

Von dem einen eisigen Erlebnis gehts ins Nächste. Natürlich haben auch diese weißen Gebiete ihre Schönheiten. Ich empfand den Gang durch diese Gefilde auch als ausgesprochen hübsch, nur fehlte da etwas die Wärme..

Die Sonne ging ein wenig auf, als ich aus den Bergen ins Tal, Richtung Iungsdalshytta kam. Alles schien grüner und lieblicher. Doch es täuschte gewaltig. Von der Inungsdalshytta zur Bjordalsbu vergingen keine 1,5 Stunden, da lag mir der Schnee auch schon wieder in rauen Mengen zu Füßen. Die Seen noch weiß und mit viel Eis. Plötzlich war der Winter wieder in vollem Gange. Die Füße bewegten sich erneut im halbgefrorenen Zustand vorwärts, der Kampf ging weiter. Alles erschien so aussichtslos! Wieso kann das denn nicht mal besser werden? Wieso nicht? Die steigenden Temperaturen haben den Schnee zudem noch weicher gemacht und die Schuhe und Beine versinken im Sekundentakt. Die Geröllfelder darunter machen das auch nicht besser. Man hängt mit den im Schnee versunkenen Wanderschuhen zwischen den Steinen fest. Aufregen bringt nichts. Freigraben ist angesagt! Wie anstrengend das mit mindestens 25kg auf dem Rücken ist, und wenn dann auch noch der andere Fuss verschwindet, kann man sich sicher kaum vorstellen. Es ist ätzend und fürchterlich, aber am Ende des Tages fühle ich mich eigentlich immer gut. Auch mit dicken Knien und allem drum und dran. Ich freue mich, dass ich genau diesen Mist hinter mir habe. Das ich diesen Mist nicht erst morgen überwinden muss, sondern das ich all das heute aus eigener Kraft geschafft habe. Und das ohne aufzugeben! Mit schmerzendem Rücken, reibendem Gurt an der Hüfte, mit eisig kalten Füßen, die erst nach drei Stunden wieder warm werden und allen möglichen andern Dingen, auf die man dabei wirklich liebend gerne verzichten möchte 😊 Doch dann sind die Kilometer endlich hinter mir und ich bin glücklich, dass ich es gemeistert habe 😊😊

Und nach Breistølen kam die Hoffnung. Die Hoffnung auf Sommer 😊 Auf Sonnenschein, auf Wärme, auf ein mir froh gesinntes Norwegen 😊 Ich kann es noch immer nicht glauben, aber ich denke, das Schlimmste (der Schnee) liegt hinter mir 😊 Ich bin so erleichtert – es ist einfach unglaublich!

Wie es weiter geht, erfahrt ihr wie immer im nächsten Beitrag 😊
Bis bald,
Eure Kati 😊
